Der Mut scheint gerade uns, die wir das Denken zum Beruf gemacht haben, angesichts immer neuer Rückschläge im Kampf um moralischen Fortschritt zu verlassen. Was macht uns Mut? Die Schwere der Zeiten fordert diese Frage geradezu heraus, sie begegnet mir in dieser oder anderer Form ständig. Ist es nicht zum Verzweifeln?
Als Philosoph drängen sich mir statt einer Antwort quasi naturgemäß sofort weitere Fragen auf – die wichtigste: Was ist überhaupt Mut?
Platon schildert im Dialog Laches, wie Sokrates im Gespräch mit vermeintlichen Mut-Experten – Nikias und Laches, zwei erprobten Feldherren, die dabei zusehen, wie ihre Söhne im Fechten unterwiesen werden – bei der gemeinsamen Suche nach einer Definition schnell über deren rasch hervorgeholte Gewissheiten ins Zweifeln kommt. Ist Standhalten immer tapferer als Fliehen? Macht den Mut nicht gerade aus, dass man weiß, wo Furcht und Zuversicht angebracht sind, und dies sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft? Letztlich entdecken sie, dass auch Besonnenheit, Gerechtigkeit und Frömmigkeit zum richtigen Mut erforderlich wären – die ganze Tugendpalette also. Das kann nur in der Aporie enden – am Schluss wissen weder die Experten noch der Philosoph, was Mut genau sein soll.
Weiterlesen Was uns Mut macht